Gas geben kann jeder ...

 


... bremsen ist die Kunst und das gehört zum Autofahren wie das Aus- zum Einatmen. An diesem Morgen heißt es allerdings erst einmal tief durchatmen und früh aufstehen. So stehen an diesem Samstagmorgen 10 GTI´s unseres Clubs und 4 Fremdfabrikate (ein Clubkamerad nahm mit seinem Transporter und 3 Ehefrauen mit ihren "fahrbaren Einkaufstaschen" teil) um 8.30 Uhr auf dem Verkehrsübungsplatz des ADAC in Kaarst. Unseren Instruktor Christian Seidel kannten wir schon vom letzten Training. Er war früher selbst begeisterter GTI-Fahrer und jagt im "normalen Leben" als Polizist Verbrecher, doch an diesem Wochenende jagte er uns - und zwar über den Platz.


Am Anfang gab's zum Warm werden erst einmal etwas Theorie. Wie lang ist der Bremsweg eines Autos bei 30 oder 50 km/h? Muss man eigentlich eine Stotterbremse machen ? Welche immense Kraft entwickeln lose Gegenstände im Fahrzeuginnenraum bei einem Aufprall (der beliebte Auto-Atlas auf der Hutablage entwickelt z.B. bei einem Auffahrtempo von 50 km/ eine Durchschlagkraft von rund 100 Kilogramm ! Der bricht einem ohne Probleme das Genick). Dann ging's raus auf die Piste.

"Bremsschlag setzen" hieß die erste Übung und nachdem sich die Ersten von uns dabei aus ihren "Liegesesseln" rausgeschoben haben, war jedem klar warum die optimale Sitzposition so wichtig ist. Unser Instruktor erklärte uns alles genau, Sitzposition, Armhaltung und die Straffheit der Gurte – weil alles ineinander grift. Instruktorzitat : "Viele liegen fast in ihren Wagen und sitzen zu weit hinten, daher haben sie gar nicht genug Power auf dem Bremsfuß."

Weiter ging es mit dem Bremsschlag. Simpel ? Easy ? Kann jeder ? Von wegen. Es hört sich leicht an, kostet aber einiges an Überwindung, wirklich voll in die Bremse zu treten und als viele glaubten nach diversen Anläufen , das volle Maß erreicht zu haben, reichte es unserem Instruktor noch lange nicht: "Härter, Härter!", kam immer wieder seine Anweisung.

Dann ging es zum bremsen auf die nassen Stahlplatten, die Eis simulierten. Egal ob mit oder ohne ABS, der Bremsweg wurde auf einmal unendlich länger als vorher auf dem normalen Asphalt. Wenn die Profile der Reifen nichts mehr zum festhalten finden, entscheiden selbst 10km/h mehr oder weniger, ob man noch mal knapp vorbeischrappt oder es knallt.

Weiter ging es mit der Übung mit Tempo 50 auf ein Hindernis (zwei Hütchen) zufahren, bremsen und davor stehen bleiben. Anschließend übten wir diesem Hindernis nach einer Vollbremsung auszuweichen (Kupplung, Schlagbremse, kurz runter von der Bremse, leichte Lenkbewegung und wieder voll drauf auf die Bremse). Diese Übung sollte uns simulieren wie wir z.B. einem auf die Straße laufenden Kind ausweichen können. Wir meisterten sie alle, aber allen von uns wurde gleichzeitig mulmig bewusst, dass kein Kind bei uns bisher eine reelle Chance gehabt hätte ...

Nun folgte der "Slalom" - Schlangenlinien um Hütchen herum fahren. Hier kommt es darauf an, die Hütchen bei zunächst 30 km/h möglichst eng zu passieren ohne sie zu berühren und nun bei jedem Durchlauf die Geschwindigkeit zu steigern. Auch hier erkannten wir wieder wie wichtig es ist die Geschwindigkeit der jeweiligen Situation anzupassen – schnell sein kann schnell zum Verhängnis werden.

Die letzte Übungen war dann für die Fahrzeuge ohne ABS mit einem hohen Spaßfaktor + Lernfaktor versehen: "Bremsen in der Kurve". Die Fahrzeuge ohne ABS, mussten hier kurzzeitig von der Bremse gehen und das richtige Gefühl dafür entwickeln, was es heißt, ein Auto zu über- oder untersteuern. Wer das wollte konnte hier nach Herzenslust das Ausbrechen und Driften des Fahrzeuges üben und manch einer kam hier richtig auf den Geschmack und wollte gar nicht mehr aus dem Asphaltkreis rauskommen.

Am Ende des Tages formulierte unser Instruktor noch einmal den wichtigen Leitspruch, der bei uns zur instinktiven Handlung werden muss : "Beide Hände ans Lenkrad und voll rein in die Bremse, so hart es geht. Es gibt nicht einen Grund, den Fuß von der Bremse zu nehmen. Durchtreten bis in die Ölwanne, ihr sollt stehen bleiben und zwar so schnell wie möglich!"

Uns allen hat der Tag sehr viel Spaß bereitet und jeder fuhr anschließend mit einem neuen Gefühl für sein Auto nach Hause.
Den schlauen Spruch vom morgens : "Ich bin nur pro Forma hier, ich kann Prima Autofahren", machte nun niemand mehr und auf den Aufbaukurs für unseren Club im April 2003 freuen wir uns schon alle, wie die Kinder auf Weihnachten.

 

Anmerkung : der Fahrzeugverschleiß bei einem Fahrsicherheitstraining entspricht etwa 200-500 Km normalen Straßenverkehr und Angst vor Bremsplatten oder Fahrzeugschäden ist völlig unbegründet.


Weiter Informationen : http://www.verkehrsuebungscentrum.de